8. November 2023

„Hey Bro, was geht?“

Abkürzung und Anglizismus in einem! In drei Buchstaben. Kurz und knapp: „Bro“. Freunde und gute Kumpel werden so genannt von jungen Menschen. Da geht was, oder?

Titelbild für Beitrag: „Hey Bro, was geht?“

„Hey Bro, was geht?“

Man kann sich als Erwachsener amüsieren über die Art und Weise, wie Jugendliche miteinander kommunizieren. Nicht nur in der St. Mauritius-Sekundarschule. Muss es aber nicht. Wenn Menschen miteinander Kontakt aufnehmen, suchen sie nach für sie passenden Möglichkeiten dazu. Allein ist manches schöner als zusammen mit anderen. Weil ich auf niemanden Rücksicht zu nehmen brauche. Ich selbst entscheide, was ich mache und was nicht. Ob ich jemanden anspreche oder anschreibe, ist mir überlassen. Doch zusammen mit anderen macht das eine oder andere mehr Spaß. In der Schule und in der Freizeit.

„Hey Bro, was geht?“

Wenn diese Frage ernstgemeint und vielleicht noch mit einem ehrlichen Lächeln versehen ist und mein Gegenüber mich verstanden hat, werde ich eine Antwort darauf bekommen. Wie auch immer sie ausfällt. Doch wenn Menschen aneinander vorbeireden, sich ignorieren oder gar blockieren - die Ursachen dafür sind vielfältig -, tut sich nicht mehr viel. Und jetzt?

„Hey Bro, was geht?“

Ohne Ausnahme: Jede und jeder hat Potential! Unterschiedlich sind Fähigkeiten, Begabungen, Talente. Kinder, Jugendliche und Erwachsene sind in der Regel darauf angelegt, über sich selbst hinauszuschauen und mit anderen in Beziehung zu treten. Eine Sportmannschaft oder -frauschaft besteht ebenfalls nicht nur aus einem oder einer allein. Wenn alle es schaffen, an einem Strang zu ziehen, jede und jeder ihrer und seiner Rolle gerecht zu werden versucht, kann Großes erreicht werden. Nicht dadurch, dass jemand sich als Maß aller Dinge sieht. Oder nur sich selbst in den Mittelpunkt stellt und andere dabei ausblendet. Wenn eine Gruppe versucht, miteinander ein gesetztes Ziel zu erreichen, kostet das zwar Kraft und bedarf der Ausdauer. Doch lohnt es sich, gemeinsam etwas anzustreben und miteinander das Vorhaben in die Tat umzusetzen. Nicht nur in der St. Mauritus-Sekundarschule.

„Hey Bro, was geht?“

Was in der Bibel im Lukasevangelium bei Lk. 22, 25f. steht, ist eine Herausforderung. Damals wie heute. Dort ist auch von einem Miteinander die Rede. Doch dieses ist völlig anders ist als beim kumpelhaften „Bro“: Die Gefährten Jesu streiten miteinander. Darüber, wer von ihnen der Bedeutendste, der Größte und der Wichtigste sein. Christus entgegnet ihnen: „Die Könige herrschen über ihre Völker und die Vollmacht über sie haben, lassen sich Wohltäter nennen. Bei euch aber soll es nicht so sein, sondern der Größte unter euch soll werden wie der Jüngste und der Führende soll werden wie der Dienende.“ Passt das in einer Schule?

„Hey Bro, was geht?“

Die Rollen sind klar verteilt. Es gibt Lernende und Lehrende. Wenn ein Pädagoge mit einem Schüler so sprechen würde, wie eben dargestellt, wirkt das auf mich anbiedernd. Ich muss mich nicht künstlich jünger machen als ich es bin. Wer die Ebenen vertauscht, kommt nicht zwangsläufig dorthin, wo sie oder er es möchte. Wer sein Gegenüber „von oben herab“ anspricht und ihr oder ihm das vorhält, was sie oder er (noch) nicht beherrscht, braucht sich nicht zu wundern, dass sie oder er nicht ankommt. Schülerinnen und Schüler können noch nicht alles können und wissen, weil sie es noch lernen.

Dass eine „normale Kommunikation“, bei der nicht jedes Wort auf die Goldwaage gelegt wird und auch der Humor nicht zu kurz kommt, so erschwert, wenn nicht sogar unmöglich wird, scheint offensichtlich. Und jetzt?

„Hey Bro, was geht?“

Manchmal geht oft mehr als mancher meint. Wenn ich weiß, was ich will und das zum Ausdruck bringe. Als Pädagogin oder als Pädagoge. Als Schülerin und als Schüler. So, dass mein Gegenüber versteht und nicht erraten muss, was ich meine. Weil ich nicht um den heißen Brei herumrede. Keine Umschreibungen wähle, um ja nicht auf meine ausgesprochenen Worte „festgenagelt“ zu werden. Wenn ich klar und deutlich sage, was Sache ist – ohne Wenn und Aber, weiß mein Gegenüber, wie sie oder er an mir dran ist. So geht was! Auch in der St. Mauritius-Sekundarschule. Nicht nur einmal, sondern immer wieder.

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger