20. Februar 2024

Du schaffst das!

Eine Belohnung, ehe ich etwas geschafft habe?! Sowas! Und das in der St. Mauritius-Sekundarschule! Wenn das Schule macht …

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Du schaffst das!

Mich hat fasziniert, wie sich ein Stück Schokolade für unsere Zehntklässler motivierend auswirken kann, zumal die Vorprüfung in Deutsch anstand. Heute morgen bekam ich etwas mit von der Aufregung vor einem Test, der wie eine Klassenarbeit bereits zum Abschluss zählt. Kenne ich das doch noch aus meiner eigenen Schulzeit, wenngleich sie schon eine ganze Weile zurückliegt. Was macht mir Mut? Ist es „die längste Praline der Welt“, die eine Lehrkraft aus der SMS der Situation heute angepasst und zusätzlich mit einem vierblättrigen Kleeblatt als Glücksbringer versehen hat? Für 43 Schülerinnen und Schüler aus der St. Mauritius-Sekundarschule, die sich bald ihren Abschlussprüfungen stellen.  

Anreize, ein selbst gesetztes Ziel zu erreichen, haben viele Gesichter. Einige davon spiegeln die Wochen vor Ostern in der christlichen Tradition wider. Diese besonderen Tage ab Aschermittwoch bis zum Fest der Auferstehung Jesu werden als „Fastenzeit“ oder „Vorösterliche Bußzeit“ bezeichnet. Was steckt dahinter?

Auf manches vom gewohnten und liebgewonnenen Essen oder Trinken zu verzichten, ist nicht nur für die hilfreich, die abnehmen möchten. Wenn sie merken, dass es dann und wann doch zu viel des Guten war. Menschen machen sich immer wieder darüber Gedanken: Was brauche ich wirklich? Worauf kann ich – mit ein wenig guten Willen – verzichten? Nicht ausschließlich um meiner Selbst willen. Sondern auch, um durch das dabei Gesparte jene wie auch immer zu unterstützen, denen die Möglichkeiten fehlen, die ich habe. Verzichten kann ich auch auf anderes als auf Nahrungs- und Genussmittel. Mein Medienkonsum ist ein Aspekt von vielen. Hinzu kommt: Wie gehe ich mit denen um, denen ich Tag für Tag begegne? Nicht nur in der St. Mauritius-Sekundarschule.

Du schaffst das!

Ja, es gibt immer welche, die noch mehr auf die Waage bringen als ich. Zeitgenossen existieren, die disziplinierter sind als ich. Kinder, Frauen und Männer, die nicht wie ich der Versuchung erliegen, Schokolade mehr als nur stückchenweise zu verspeisen. Manche Verlockungen sind anderer Art. Jene Sinngeschichte aus der Bibel im Lukasevangelium bei Lk. 18, 9-14 hat mich nachdenklich gemacht. Worum es dabei geht? Um einen, der richtig stolz ist, etwas geschafft zu haben. Das ist doch gut, oder?

Du schaffst das!

Manche verstehen es blendend, sich ins rechte Licht zu stellen. Dass ihre Mitmenschen dabei schlecht wegkommen, interessiert sie nicht. Hauptsache, sie selbst stehen vor anderen und ihrem Schöpfer gut da. Haben sie doch, wie jener Pharisäer in dieser biblischen Erzählung, eigenen Angaben zufolge, sich stets an die Gesetze und Vorschriften gehalten: Sie fasten zweimal in der Woche. Mit einem beträchtlichen Teil ihres Einkommens unterstützten sie jene, denen es nicht so gut ging wie ihnen selbst. Derartiges Verhalten verdient, erwähnt zu werden. Es kann beispielhaft und durchaus lobenswert sein.

Aber wenn ich mich für besser halte als mein Gegenüber, mich quasi über sie oder ihn stelle, sogar Gott dafür danke, dass ich „nicht wie die anderen Menschen bin, die Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder wie dieser Zöllner dort“ (vgl. Lk. 18, 11) sind, ist das alles andere als vorbildhaft. Zumal jener genannte Zöllner sein Fehlverhalten nicht schönredet; er sieht es ein. Seinen Schöpfer bittet er um Gnade: „Gott, sei mir Sünder gnädig!“ (vgl. Lk. 18, 13). Jesus antwortet eindeutig: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden!“ (Lk. 18, 14). Und jetzt?

Du schaffst das!

Ich kann manchmal mehr als ich meine. Nicht nur, wenn und weil ich den Willen dazu habe. Liebenswert kann ich sein für andere. Wenn ich das wirklich will. Nicht nur in der Zeit vor Ostern. Obwohl ich nicht alles fertigbringe. Ich darf den Mut haben, ehrlich zuzugeben, dass ich nicht immer alles schaffe. Was ich mir selbst als Ziel gesetzt habe und was andere von mir erhoffen und erwarten. In und außerhalb der Schule ist das so.

Niemand hat das Recht, andere zu verachten, die in ihren oder seinen Augen fehlerhaft sind. Perfekt bin ich ebenfalls nicht. Manchmal bin ich froh, dass niemand in mich hineinschauen und entdecken kann, dass bei mir auch nicht alles Gold ist, das glänzt. Ich kann es schaffen! Mensch unter Menschen zu sein. Trotz oder wegen meiner Ecken und Kanten. Und denen der anderen. Warum nicht? Du schaffst das!

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger